Handlungsmöglichkeiten nach Einstellung eines Ermittlungsverfahrens und nach einem Urteil

Nicht alle Ermittlungsverfahren münden in eine Anklage vor Gericht. Es gibt verschiedene Gründe, weswegen ein Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt werden kann, bevor es zu einem Prozess kommt.

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Einstellung eines Ermittlungsverfahrens

Verfahren können unter anderem aus diesen Gründen eingestellt werden:

Einstellung mangels Beweises
Wenn kein strafbares Verhalten gegeben ist oder eine Verurteilung des oder der Beschuldigten aufgrund der vorliegenden Beweismittel nicht zu erwarten ist.

Einstellung wegen Geringfügigkeit
Bei Vergehen, also Straftaten, bei denen im Gegensatz zu Verbrechen keine Mindestfreiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorgesehen ist, kann von der Strafverfolgung abgesehen werden, wenn die Schuld des Täters oder der Täterin als gering anzusehen ist und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Tat keine gravierenden Folgen hat und ein Täter oder eine Täterin bislang nicht vorbestraft ist.

Einstellung unter Auflagen und Weisungen
Bei Vergehen kann mit Zustimmung des oder der Beschuldigten von der Verfolgung abgesehen werden, wenn dem oder der Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilt werden, die geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld dem nicht entgegensteht.

Einstellung aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung
Wenn einer oder einem Beschuldigten mehrere Taten zur Last gelegt werden, kann die Staatsanwaltschaft sich entscheiden, von der Verfolgung einer der Straftaten abzusehen. Das ist dann der Fall, wenn die Strafe, die der oder die Beschuldigte zu erwarten hätte, neben der anderen Strafe, die er oder sie zu erwarten hat bzw. auf die bereits rechtskräftig erkannt wurde, nicht erheblich ins Gewicht fällt.

Einstellung mangels öffentlichen Interesses
Im Falle sogenannter Privatklagedelikte verweist die Staatsanwaltschaft die Betroffenen auf die Möglichkeit des Privatklagewegs, es sei denn, es besteht ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung.

Die Privatklage vor einem Strafgericht darf nicht mit der Schadensersatzklage vor einem Zivilgericht verwechselt werden. Während Sie mit einer Zivilklage erreichen können, dass Ihnen Schadensersatz und Schmerzensgeld zugesprochen werden, erstreben Sie als Privatkläger oder Privatklägerin die Bestrafung des Täters. Kommt es nach einer Privatklage zu einem Urteil, muss z. B. eine Geldstrafe an die Staatskasse gezahlt werden und nicht etwa an Sie persönlich. § 374 der StPO enthält den Katalog der Delikte, die Sie selbst im Wege der Privatklage verfolgen können, wenn der oder die Beschuldigte zur Tatzeit mindestens 18 Jahre alt gewesen ist. Der Privatkläger bzw. die Privatklägerin muss in der Regel sowohl die Kosten des Verfahrens als auch die dem oder der Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen (zum Beispiel Anwaltskosten) tragen, wenn die Klage gegen den oder die Beschuldigte zurückgewiesen, er oder sie freigesprochen oder das Verfahren eingestellt wird.

Erweiterte Einstellungsmöglichkeiten im Jugendstrafrecht
Bei jugendlichen Beschuldigten und bei Heranwachsenden (18 bis 20 Jahre alt), auf die Jugendstrafrecht angewendet wird, gibt es erweiterte Einstellungsmöglichkeiten, etwa wenn eine Anklage oder eine weitere Strafverfolgung nicht für erforderlich gehalten wird, weil bereits anderweitig als ausreichend erscheinende erzieherische Maßnahmen ergriffen wurden. Überwiegend entfällt auch die strenge Begrenzung der Einstellungsmöglichkeiten auf Vergehen.

Beschwerdemöglichkeiten nach der Einstellung eines Verfahrens
Betroffene haben die Möglichkeit, gegen die Einstellung des Verfahrens mangels ausreichenden Tatnachweises Beschwerde einzulegen. Wenn ihnen weitere Tatsachen zur Tat oder Beweismittel bekannt sind, sollten sie diese in der schriftlichen Beschwerde unbedingt mitteilen. Das können Betroffene selbst tun oder auch mithilfe eines Rechtsanwalts oder einer Rechtsanwältin. In der Publikation "Opferfibel" gibt es ein Beispiel für eine Beschwerde.

Bleibt die Staatsanwaltschaft bei ihrer Entscheidung, wird der Fall von der Generalstaatsanwaltschaft überprüft. Betroffene werden in jedem Fall schriftlich benachrichtigt.

Lehnt auch die Generalstaatsanwaltschaft die Wiederaufnahme der Ermittlungen ab, so können Betroffene bei Verfahrenseinstellungen mangels Beweises ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren anstrengen. Damit kann erreicht werden, dass die Staatsanwaltschaft doch Anklage erhebt. Dafür gelten Fristen und strenge Vorschriften. Der Antrag muss von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterzeichnet werden und die Betroffenen müssen die Kosten tragen, wenn sie vor Gericht keinen Erfolg haben.


Rechtsmittel gegen richterliche Entscheidungen

Grundsätzliches
Eine gerichtliche Entscheidung wird nur dann rechtskräftig, wenn kein Rechtsbehelf eingelegt wird, diese also nicht angefochten wird. Als Rechtsmittel werden Rechtsbehelfe bezeichnet, über die das nächsthöhere Gericht entscheidet. Mögliche Rechtsmittel im Strafverfahren sind die Berufung und die Revision. Die Rechtsmittel können grundsätzlich von folgenden Beteiligten eingelegt werden: der Staatsanwaltschaft, der oder dem Beschuldigten bzw. dessen oder deren gesetzlichen Vertretern, der Verteidigung des oder der Beschuldigten, der Privatklägerin oder dem Privatkläger und der Nebenklägerin oder dem Nebenkläger.

Berufung/Revision
Urteile des Amtsgerichts können in der Regel mit einer Berufung oder einer Revision angegriffen werden, Urteile des Landgerichts nur mit der Revision. Bei der Berufung wird eine komplett neue Verhandlung mit erneuter Beweisaufnahme durchgeführt, bei der Revision findet nur eine Überprüfung auf Verfahrens- und Rechtsfehler statt. Die Rechtsmittel müssen innerhalb einer Woche nach der Verkündung des Urteils eingelegt werden. Das Verfahren wird dann in die nächsthöhere Instanz gehoben. Das höhere Gericht entscheidet dann über das Urteil und kann es bestätigen, abändern oder aufheben. Wird Berufung oder Revision eingelegt, hat dies zur Folge, dass die Rechtskraft des Urteils gehemmt wird. Die Urteile des Gerichts können also noch nicht vollstreckt werden.

Einlegen von Rechtsmitteln gegen ein Urteil als Nebenkläger
Als Nebenklägerin oder Nebenkläger können Sie gegen Urteile grundsätzlich Rechtsmittel einlegen. Sie können dies insbesondere dann tun, wenn der oder die Angeklagte Ihrer Ansicht nach zu Unrecht freigesprochen worden ist. Gegen die Höhe der Strafe können allerdings keine Rechtsmittel eingelegt werden. Wenn Sie oder Ihre Rechtsanwältin bzw. Ihr Rechtsanwalt bei der Verhandlung anwesend waren, beginnt die Frist zur Einlegung eines Rechtsmittels mit der Verkündung des Urteils. Wenn Sie oder Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin hingegen gar nicht oder nur für die Dauer Ihrer eigenen Zeugenvernehmung an der Verhandlung teilgenommen haben, beginnt die Frist erst mit Zustellung der Urteilsformel an Sie. Die Frist beträgt üblicherweise eine Woche. Allerdings sollten Sie sich vor der Einlegung von Rechtsmitteln grundsätzlich rechtlich beraten lassen, da dies mit einem Kostenrisiko verbunden sein kann.

Beschwerde gegen richterliche Entscheidungen
Richterliche Entscheidungen außerhalb einer Hauptverhandlung können in der Regel mit einer Beschwerde angegriffen werden. So kann z. B. Beschwerde erhoben werden, wenn gegen eine Zeugin oder einen Zeugen ein Ordnungsgeld verhängt wurde o. ä. Nebenklägerinnen und Nebenkläger haben zudem das Recht, eine sofortige Beschwerde einzulegen, wenn das Gericht es ablehnt, die Anklage der Staatsanwaltschaft zuzulassen. Die Entscheidungen des Gerichts werden nach einer Beschwerde überprüft.

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