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Bessere Entschädigung und Unterstützung für zu Unrecht Verurteilte

Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen und zur Änderung weiterer Gesetze (Strafverfolgungsentschädigungsreformgesetz – StrERG) veröffentlicht.

Ausgabejahr 2024
Datum 18. Juli 2024

Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen und zur Änderung weiterer Gesetze (Strafverfolgungsentschädigungsreformgesetz – StrERG) veröffentlicht.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:

„Auch in einem Rechtsstaat kommt es vor, dass Entscheidungen getroffen werden, die sich später als ungerechtfertigt herausstellen. Das geschieht in der Justiz zum Glück sehr selten. Aber natürlich ist es besonders einschneidend, wenn Menschen zu Unrecht in Untersuchungshaft oder sogar in Strafhaft kommen. Daher werden wir die Entschädigungssätze für die Tage erhöhen, die Menschen zu Unrecht in Haft verbringen mussten. Zusätzlich möchten wir den Betroffenen den Zugang zu anwaltlicher Beratung erleichtern. Es soll einen Anspruch auf eine kostenlose Erstberatung geben, damit Betroffene aus Angst vor hohen Anwaltskosten ihre Rechte nicht ungenutzt lassen."

Mit dem Referentenentwurf sollen Personen, denen eine Entschädigung insbesondere aufgrund letztlich zu Unrecht erlittener Untersuchungs- oder Strafhaft zusteht, besser entschädigt und unterstützt werden. Gleichzeitig soll der Entwurf zur Stärkung der Rehabilitierung zu Unrecht Verurteilter beitragen. Darüber hinaus sollen das Entschädigungsverfahren und das sich ggf. anschließende Rechtsbehelfsverfahren vereinfacht werden. Dazu sollen das Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG), die Strafprozessordnung (StPO) und das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) angepasst werden. Im Einzelnen:

Maßnahmen zur materiellen Besserstellung und Unterstützung

  • Höhere Haftentschädigungspauschale: Der Betrag der Haftentschädigungspauschale soll von 75 Euro auf 100 Euro für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung erhöht werden. Ab einer Haftdauer von sechs Monaten soll der Betrag 200 Euro betragen. Die deutliche Anhebung berücksichtigt, dass mit zunehmender Dauer der Freiheitsentziehung vielfach die Auswirkungen auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Betroffenen zunehmen und ihre psychische Belastung steigt.
  • Keine Anrechnung von ersparten Aufwendungen: Nach geltendem Recht müssen sich Betroffene bei Geltendmachung von Vermögensschäden, die durch die letztlich zu Unrecht verbüßte Haft verursacht worden sind, die durch die Freiheitsentziehung ersparten Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung anrechnen lassen. Die Betroffenen empfinden diese Anrechnung vielfach als ungerecht, da sie auf die seitens des Staates zwangsweise gewährte „Kost und Logis“ gerne verzichtet hätten. Deshalb soll nunmehr gesetzlich geregelt werden, dass diese ersparten Aufwendungen den Entschädigungsanspruch der Betroffenen nicht verringern. 
  • Anspruch auf kostenlose anwaltliche Erstberatung: Ist die Entschädigungspflicht der Staatskasse dem Grund nach rechtskräftig festgestellt, haben Betroffene, die für eine aufgrund gerichtlicher Entscheidung erfolgte Freiheitsentziehung zu entschädigen sind, zukünftig einen Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung im Betragsverfahren. Bei dieser Beratung soll geklärt werden, ob die betroffene Person über den Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens (Haftentschädigung) hinausgehende Ersatzansprüche geltend machen kann und ob ggf. die Voraussetzungen für die Gewährung von Beratungshilfe für die Vertretung im weiteren Verfahren vorliegen. Flankierend soll im RVG – ähnlich wie bei der Beratungs- oder auch Prozesskostenhilfe – ein Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts unmittelbar gegen die Staatskasse vorgesehen werden.

Erleichterungen im Entschädigungsverfahren

  • Längere Fristen im Entschädigungsverfahren und Klageverfahren:

o   Die Frist zur Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung über die Entschädigungspflicht (in Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt hat, nachdem eine entschädigungsfähige Strafverfolgungsmaßnahme, etwa der Vollzug von Untersuchungshaft, vorausgegangen war) soll von einem Monat auf zwei Monate verlängert werden.

o   Die Frist zur Antragstellung im Betragsverfahren soll von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert werden. Bei schuldloser Versäumung der Frist soll die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gesetzlich festgeschrieben werden. Die bislang im StrEG geregelte absolute Ausschlussfrist von einem Jahr für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs soll aufgehoben werden.

o   Die Frist zur Erhebung einer Klage gegen die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch soll von drei Monaten auf sechs Monate verlängert werden. Auch hier soll die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist geschaffen werden.

  • Erweiterung der Belehrungspflichten: Die Belehrungspflichten im Betragsverfahren sollen neu geregelt und dabei erweitert werden:

o   Ist die Entschädigungspflicht der Staatskasse dem Grund nach rechtskräftig festgestellt, soll die Staatsanwaltschaft den Berechtigten weitergehend als jetzt belehren. Der Berechtigte soll nicht nur erfahren, dass er einen Entschädigungsanspruch binnen einer bestimmten Frist geltend machen kann, sondern auch, dass er einen Anspruch auf eine kostenfreie anwaltliche Erstberatung hat, wenn ein solcher Anspruch besteht.

o   Wird der Antrag ganz oder teilweise abgelehnt, soll dem Antragsteller mit der Entscheidung auch eine Belehrung über den Rechtsweg und die Klagefrist zugestellt werden müssen. Das stand bislang nur in den (verwaltungsmäßigen) Ausführungsvorschriften zum StrEG und soll zu Klarstellungs- und Transparenzzwecken jetzt gesetzlich geregelt werden.

Anspruch auf öffentliche Bekanntmachung der Aufhebung des Urteils

Schließlich sollen zu Unrecht Verurteilte auch im Falle der Wiederaufnahme eines Strafverfahrens mit erneuter Hauptverhandlung besser rehabilitiert werden, indem sie im Erfolgsfall einen Anspruch auf öffentliche Bekanntmachung der Aufhebung des früheren Urteils erhalten. Dazu soll die StPO geändert werden. Die Bekanntmachung soll nur erfolgen, sofern der Verurteilte es verlangt. Das Verlangen ist nicht fristgebunden. Die Bekanntmachung soll im Bundesanzeiger und nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise erfolgen.

Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt und auf unserer Homepage veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 12.09.2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.

Den Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen und zur Änderung weiterer Gesetze (Strafverfolgungsentschädigungsreformgesetz – StrERG) finden Sie hier.

Ein Informationspapier zum Vorhaben finden Sie hier.

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