Beschleunigung von Verwaltungsgerichtsverfahren im Infrastrukturbereich
Die Bundesregierung hat heute den von dem Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich beschlossen.
Ausgabejahr2022 Datum30. November 2022
Die Bundesregierung hat heute den von dem Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich beschlossen.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Deutschland braucht mehr Tempo. Beim Ausbau erneuerbarer Energien, beim Ausbau der Netze, beim Ausbau der Verkehrswege. Die Beschleunigung von großen Infrastrukturprojekten ist eine wichtige Voraussetzung für die Modernisierung unser Landes, für künftiges Wachstum und Wohlstand. Wir wollen in allen Bereichen des Verfahrens schneller und dynamischer werden - bei den Verwaltungsgerichtsverfahren gehen wir nun einen wichtigen Schritt. Die Gerichtsverfahren zu großen Infrastrukturprojekten erhalten Vorrang und werden effizienter. Klar korrigierbare Mängel sollen Projekte nicht mehr aufhalten. Damit machen wir Deutschland fit für die Zukunft und setzen ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag um."
Video des Pressestatements, 30.11.2022
Der Gesetzentwurf ist eines von mehreren im Koalitionsvertrag vorgesehenen Vorhaben zur Planungsbeschleunigung von großen Infrastrukturvorhaben. Verwaltungsgerichtliche Verfahren können aufgrund ihrer Komplexität mitunter lange dauern. Deshalb soll die Verfahrensdauer für Vorhaben etwa über den Ausbau von Gas- und Stromleitungen, aber auch von Straßen-, Schienen- und Wasserwegen weiter reduziert werden. Verschiedene Maßnahmen sollen dies gewährleisten, darunter insbesondere ein "Vorrang- und Beschleunigungsgebot" für entsprechende Prozesse, ein „früher erster Termin“ sowie Maßnahmen zur Bündelung des Verfahrensstoffs. Darüber hinaus soll durch Veränderungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sichergestellt werden, dass mit der Umsetzung wichtiger Bauprojekte schneller begonnen werden kann.
Dabei bleibt der effektive Rechtsschutz weiterhin vollumfänglich gewährleistet. Die inhaltlichen Anforderungen an die Infrastrukturvorhaben werden durch den Entwurf nicht angetastet. So werden etwa Vorschriften des Arten- und Klimaschutzes, die bei solch großen Bauvorhaben stets zu beachten sind, nicht verändert.
Der Gesetzesentwurf bezieht sich auf bedeutsame Infrastrukturvorhaben, die in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und in § 50 Absatz 1 Nummer 6 VwGO aufgeführt sind. Diese sind zum Beispiel:
Anlagen für die Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern.
Planfeststellungsvorhaben zu Hochspannungsleitungen und Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen.
Planfeststellungen zu Verkehrsflughäfen, öffentlichen Eisenbahnen, Bundesfern- und Landesstraßen, Bundeswasserstraßen usw.
Der Entwurf sieht insbesondere folgende neue Regelungen vor:
Vorrang- und Beschleunigungsgebot: Dadurch kann etwa ein Verfahren über den Ausbau von Gasversorgungsleitungen gegenüber einem anderen Verfahren bei der Anberaumung eines Termins bevorzugt werden.
Es ist zudem ein Erörterungstermin zwei Monate nach Eingang der Klageerwiderung vorgesehen („früher erster Termin“). Das Gericht soll in dem Termin auch den weiteren Ablauf des Verfahrens erörtern und auf eine gütliche Streitbeilegung hinwirken.
Verschärfung der innerprozessualen Präklusion zur Straffung des Verfahrens: Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer gerichtlich gesetzten Frist vorgebracht werden, hat das Gericht unter Umständen zurückzuweisen.
Der einstweilige Rechtsschutz wird effizienter ausgestaltet:
Mängel des angefochtenen Verwaltungsaktes, die offensichtlich sehr bald behoben sein werden, können bei der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz vom Gericht unter Umständen außer Acht gelassen werden.
Die Gerichte sollen im Rahmen einer Vollzugsfolgenabwägung die Reversibilität von Maßnahmen berücksichtigen. Dabei haben sie die Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen besonders zu berücksichtigen, wenn ein Bundesgesetz feststellt, dass diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen (etwa bei Vorhaben für die sichere Gasversorgung wie stationär schwimmende Anlagen zur Einfuhr verflüssigten Erdgases).
Zudem enthält der Entwurf weitere Änderungen des Prozessrechts, mit denen verwaltungsgerichtliche Verfahren beschleunigt werden sollen:
Für Angelegenheiten des Planungsrechts sollen Planungsspruchkörper eingerichtet werden. Zudem sollen Richterinnen und Richter, die Planungsspruchkörpern zugewiesen werden, über Kenntnisse des Planungsrechts verfügen.
Es wird eine neue erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit beim Bundesverwaltungsgericht für Streitigkeiten geschaffen, die Vorhaben zur Errichtung und Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff betreffen.
Der Entwurf wurde heute vom Kabinett beschlossen und wird nun zeitnah an den Deutschen Bundestag übermittelt.
Den Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich finden Sie hier.
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